Valentino Archive | Valentino DE

Valentino Archive
Collection
By Suzy Menkes

Es war mir, als ob ich in einem Pariser Café mit Freunden an einem Tisch säße und zusähe, wie die Welt vorbeizog. Eine sehr glamouröse Gruppe elegant gekleideter Frauen flanierte auf der Straße, bevor sie den Boulevard – ein beliebtes französisches Wort – betrat.

War es vielleicht das erste Mal, dass ich eine Valentino-Modenschau in einer „alltäglichen“ Umgebung sah – wo sie doch sonst in heiligen Räumen großartiger und eleganter Gebäude oder an einem sorgfältig inszenierten Ort stattfinden?
Diese fantasievolle Show von Pierpaolo Piccioli ließ meine Gedanken in die Vergangenheit schweifen. Erinnerungen an die Laufstegpräsentation von Valentino Garavani, die vor über einem halben Jahrhundert das Publikum in der Sala Bianca in Florenz in Erstaunen versetzte und seine Karriere begründete, kamen in mir hoch.

Aber es gab sehr viele, andere großartige Momente. Marisa Berenson, mit leicht nordafrikanisch angehauchten Juwelen bedeckt, oder das von einem Model getragene scharlachrote Kleid mit atemberaubendem Schlitz. Fest steht, dass Pierpaolo als derzeitiger Kreativdirektor die Valentino-Kollektion radikal modernisiert hat.

Die Show trug den Titel „Valentino Rendez Vous“. Aber vielleicht war sie eher ein Wechsel der Perspektive, ein Blick in die Vergangenheit für einen Schritt in die Zukunft? Schließlich hatte Valentino selbst noch nie Haute Couture auf der Straße präsentiert.

Aber da lag ich daneben. Vollkommen. Denn vor mir – in die gesamte Kollektion eingewoben – erschienen sechs Kleidungsstücke aus dem Valentino-Archiv, darunter ein neu interpretiertes frisches weißes Kleid mit ausladenden Rüschenärmeln, das noch aus der Zeit stammte, als es von Marisa Berenson, Schauspielerin und Urenkelin von Elsa Schiaparelli, getragen wurde.

Dann kam etwas für Valentino völlig Unerwartetes: ein Mantel mit Tierprint aus dem Jahr 1967 – damals für das unvergessliche, gertenschlanke Model Veruschka ausgewählt – über einem extravaganten Top, Shorts und Strümpfen getragen. Und dann – wann war das doch gleich? Vielleicht 1985? – Blue Jeans!

Pierpaolo ist berühmt für seine poetischen Moodboards. Durch Kunst, Porträts und Inklusivität bringt er die Inspiration der Vergangenheit zum Ausdruck und zeigt, wie diese sich hin zur Gegenwart entwickelt.

Aber dieses Mal war es anders, denn anstatt sich von einer fernen Geschichte inspirieren zu lassen, zeigte der derzeitige Designer, dass Valentino selbst seiner Zeit voraus war. Die heutige Sammlung von Bildern fügt sich in vorangegangene ein.

Was lernen wir aus den Archiven? Zunächst einmal, wie avantgardistisch Valentino wirklich war. Und zwar nicht nur was die ihn auszeichnende Eleganz betraf. Aber auch, dass es in einer Zeit, in der neue Designer die Markenpräsentation übernehmen, ein ganz besonderes Geschenk ist, die Vergangenheit präsent machen zu können.